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Geschrieben von Huehnerbla am 13.09.2009 um 04:29:

  Vaillants

Hallo,

heute möchte ich mal ein paar Details über die Vaillants-Scheine veröffentlichen. Von Zeit zu Zeit tauchen hier mal Scheine auf, die meisten davon sind nicht gestempelt. Vor allem in Frankreich findet man sie auf Flohmärkten. Was hat es mit diesen Scheinen auf sich? In Frankreich gab es um 1920, ganz ähnlich wie früher in Deutschland, sogenannte Sonntagsschulen. Dort trafen sich die Schüler zwischen 6 und 15 Jahren an den schulfreien Tagen um in Fragen rund um den Glauben unterrichtet zu werden. Daneben wurden auch gute Tugenden und allerlei praktische Dinge vermittelt. Mit der Zeit entstanden daraus Gruppen, die den Pfadfindervereinen ähnlich waren. 1929 gab eine Gruppe aus Paris eine Zeitschrift mit den Namen Cœurs Vaillants (Tapfere Herzen) heraus. Diese Zeitung gelangte auch in andere Gruppen und so entstanden ab 1931 Treffen von verschiedenen Gruppen. Ab 1937 nannten sich die Gruppen Mouvement des Cœurs Vaillants (Bewegung der tapferen Herzen). Ende 1938 erschien eine weitere Zeitschrift mit Name Âmes Vaillantes (Tapfere Seelen) und der Name der Gruppen änderte sich in dessen Folge in Mouvement des Cœurs Vaillants et des Âmes Vaillantes. Während des Krieges ruhten die Aktivitäten fast vollständig.

Noch während des 2. Weltkrieg wurde ein Punkte-System eingeführt, das Anwesenheit an Treffen mit Punkten (Vaillants) belohnte. Daneben erhielt man diese Punkte auch für besondere Leistungen. Dazu fertigte man Scheine zu 1 Vaillant und zu 5 Vaillants, die nur einseitig bedruckt in schwarz waren. Später änderte sich die Druckfarbe in rot und es gab erstmals einseitig rot bedruckte Scheine zu 10 und 50 Vaillants. Wegen der Optik beauftragte man den Grafiker Breysse damit, Scheine zu 10 und 50 Vaillants zu gestalten. Diese Scheine wurden 1943 einseitig in dunkelblau bedruckt.

Die zweite Serie wurde schon 1946 gefertigt und zwar in zweifarbigem Druck (blau/braun). Es gab die Werte 10 und 50 Vaillants, gestaltet wurden die Scheine von Henri Neveu und gedruckt von der Druckerei Boutin in Paris. Diese Scheine haben erstmals auch eine bedruckte Rückseite. Beim 50-Vaillant-Schein wurde diese Rückseite allerdings schon im selben Jahr verändert. Danach wechselte man die Druckerei. Der 10er bekam dabei eine geänderte Rückseite und ein 100er wurde neu geschaffen.

1947 kam die dritte Serie heraus, die ebenfalls von Henri Neveu gestaltet wurde, aber bei EDIPAX in Paris gedruckt wurde. Die beidseitig bedruckten Scheine waren in den Farben blau, orange und schwarz gehalten. Es gab Werte zu 10, 50 und 100 Vaillants.

1948 wurde die gleiche Serie noch einmal gedruckt, allerdings wurde das Format der Scheine deutlich verkleinert.

1950 kam die letzte Serie heraus, sie ist mit der Serie von 1948 identisch, wurde aber nur in blauem Druck hergestellt. Diese Scheine wurden bis 1954 hergestellt und ausgegeben.

1956 wurde die Bewegung umbenannt in Mouvement de l’Action Catholique de l’Enfance und schließlich 1975 in Action Catholique des Enfants. Die Organisation existiert auch heute noch.

Mit den Scheinen konnte man z.B. die Leihgebühren für Sportgeräte und Bücher aus der Pfarr-Bücherei bezahlen. Es war auch möglich damit Filmvorträge zu besuchen. An manchen Orten konnte man damit sogar auf Pfarrfesten bezahlen. Auf fast allen Scheinen ist das Logo (siehe letztes Bild) der beiden Organisationen zu sehen (Cœurs Vaillants und Ames Vaillantes).

Die unten angehängten Scheine (10 Vaillants Serie 1950, 50 Vaillants Serie 1950 und 50 Vaillants Serie 1948) haben dagegen eine Besonderheit: Sie wurden nicht in Frankreich abgestempelt, sondern in Vietnam. Die Scheine tragen den Stempel der Gruppe Sankt ABCBA aus My Tho am Mekongdelta. Der 100-Vaillants-Schein der Serie 1948 ist ohne Stempel.

Stempeltext außen: L.D.S.V.C.G.V.N. Doàn thánh GIUSE – Mytho (Vereinigung katholischer Studenten in Vietnam, Gruppe Heiliger ABCBA – Mytho)
Stempeltext innen: HOC-SINH CÔNG-GIÁO (Katholische Schüler)
Auf dem 50-Vaillant-Schein ist noch ein roter Stempel zu sehen, der überstempelt wurde.
Stempeltext außen: LES FRERES DES ECOLES CHRETIENNES (Die Brüder der christlichen Schulen)
Stempeltext innen: ECOLE - SAINT JOSEPH - MYTHO (Schule St. ABCBA My Tho)
Diese katholische Schule in My Tho wurde 1908 gegründet und existierte ungefähr bis 1960.

Hinweis: Bei der vietnamesischen Schrift mussten einige Änderungen vorgenommen werden, weil die Buchstaben sonst nicht darstellbar gewesen wären.



Geschrieben von nick1k am 13.09.2009 um 09:58:

 

Sehr informativ! Vielen Dank für die Ausführungen.

Bewußt habe ich die Art von Gutscheinen bisher nicht wahr genommen...
Es gibt nur diese fünf Serien? Dann wäre das ein abgeschlossenes Sammelgebiet, falls sich das jemand in Album legen will. Hat jemand eine preisliche Einschätzung, die Aussagen auf die Seltenheit und Nachfrage schließen lassen?

Grüße lächelnd augenzwinkernd
nick1k



Geschrieben von Huehnerbla am 13.09.2009 um 14:36:

  Vaillants

Hallo,

es gibt nur die fünf Serien. Ob es einen tatsächlichen Sammlermarkt dafür gibt ist schwer zu sagen. Die Scheine der letzten drei Serien werden für Preise zwischen 1 und 10 Euro verkauft (wenn mal einer auftaucht bei eBay.fr). Wie die Preise auf den französischen Flohmärkten derzeit aussehen, kann ich mangels Anwesenheit dort nicht sagen.
Gehandelt werden allerdings die Zeitschriftenausgaben der Cœurs Vaillants. Vor allem dann, wenn die darin enthaltenen Comics von Georges Prosper Remi (besser bekannt unter Hergé) gezeichnet wurden.



Geschrieben von Huehnerbla am 23.09.2009 um 13:34:

  1 Vaillant

Hallo,

zur Ergänzung hier ein kompletter 10er-Bogen der ersten Serie.
Die Scheine wurden normalerweise entsprechend der auszugebenden Punkte zerschnitten.
Da das Zeug im Buchdruck hergestellt wurde, ist der Druck deutlich fühlbar.



Geschrieben von Huehnerbla am 24.05.2013 um 19:03:

  Cassel

Hallo,

hier eine der seltenen Regionalausgaben.
Diese stammt aus Cassel im äußersten Norden Frankreichs (Arrondissement Dünkirchen).
Dort sind die Franzosen mit der merkwürdigen Sprache zu Hause.
Merci wird dort nicht mérsí ausgesprochen sondern mérschi.
2008 hat man über deren Spracheigenheiten sogar einen Film gemacht (Bienvenue chez les Ch'tis / Willkommen bei den Sch'tis).


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