Geschrieben von rista am 07.05.2012 um 16:02:
Hallo zusammen,
nachdem ich freudig die Lieferung des neuen und lange erwarteten Länderkataloges in Empfang nehmen durfte, möchte ich Euch meine Einschätzung mitteilen.
Die technischen Daten könnt Ihr dem Beitrag vom Kai entnehmen. Zum Inhalt: Nach einem kurzen Vorwort geht es auf der folgenden Seite mit einem geschichtlichen Abriss weiter. Dieser dürfte durchaus angebracht sein, denn das Land Sachsen-Anhalt in seiner heutigen Form deckt sich nicht mit den Grenzen bzw. Gebietseinheiten zur Zeit der Notgeldausgabe. Im Text wird deutlich, warum man sich auf die
heutige Ländereinteilung festgelegt hat - für mich als Regionalsammler durchaus nachvollziehbar! Die nächsten vier Seiten dienen dem praktischem Umgang mit dem Katalog, in knapper Form - wie man es aus dem Hause Lindman gewohnt ist - wird alles Wissenswerte vermittelt, so dass man auch als Einsteiger nach der Lektüre gut mit dem Katalogteil arbeiten kann.
Der Katalogteil selbst gliedert sich in vier Abschnitte:
S.9-17 Papiergeld vor 1874
S.18-537 Papiergeld 1875-1948
S.538-541 Briefmarkengeld - Anhang 1
S.542-543 Kapselgeld - Anhang 2
Auf den letzten vier Seiten findet sich ein vierseitiges Ortsverzeichnis (Ausgabeort, heutiger Name, heutige Zuordnung zu Orten, administrativer Status und Zuordnung zum Landkreis), als Bestimmungshilfe eine Darstellung der Wasserzeichen und eine Verwaltungsübersichtskarte.
Der Katalog ist normal gebunden, also kein Hardcover. Einige mögen das vielleicht anmeckern, aber mein über 10 Jahre alter Serienscheinspezialkatalog hat bisher auch noch keine Verschleißerscheinungen diesbezüglich.
Meine Einschätzung: so viel vorweg - von den vier Autoren kann man durchaus hochwertige Arbeit erwarten und diese Erwartung wurde meinerseits erfüllt! Man merkt dem Werk an, dass es nicht auf die Schnelle entstanden ist, sondern, dass hier mehrere Jahre der Recherche investiert wurden. Bisher sind mir aus dem Landesgebiet nur die Kataloge "Die Anhaltischen Notgeldscheine 1914 - 1923" (Scharfenberg und Funk, NH60, DDR Kulturbund), "Notgeld der Altmark" (Lindman) als Teilgebiete sowie "Papiergeld Sachsen-Anhalt" (Schoenawa) bekannt - bis auf letzteren lag somit keine Gesamtdarstellung des Gebietes vor und wer bisher vor allem mit letzt genanntem Werk gearbeitet hat, wird mehr als dankbar sein.
Eine klare Stärke des Kataloges liegt vor allem in der Darstellung der Ausgaben von 1923, denn zwischenzeitlich wurden alle anderen Notgeldperioden weitgehend aufgearbeitet und ich gehe davon aus, dass diese Kataloge Berücksichtigung gefunden haben. Bei den 1923er Ausgaben (und sicher auch der anderen Perioden) hat man alte Zöpfe von Keller dahingehend abgeschnitten, dass die bis dato nicht in natura aufgetauchten Scheine zwar gelistet sind, doch nicht bewertet wurden. Bei den Kundenschecks findet sich m.E. immer eine Doppelauflistung: einmal am Ort der ausgebenden Bank (ohne Bewertung) und am Ort des Ausstellers (mit Bewertung) - diese referenzierung dürfte vor allem den Ortssammlern entgegen kommen, da die Scheine ja an beide Orte gehören.
Weiterer Pluspunkt sind die durchgängig farbigen Abbildungen - diese erfreuen bei den seltenen und seltensten Stücken jedes Sammlerherz und dürften den meisten Sammlern den Schein überhaupt erstmalig bekannt machen. Doch nicht nur absolute Raritäten sind abgebildet, so finden sich bei den Kleingeld- und Serienscheinen häufig auch Musterscheine. Bei den Serienscheinen wurden neuere Erkenntnisse (der Spezialkatalog ist auch schon über 10 Jahre alt) ebenfalls mit aufgenommen und auch die Verpackungen nicht vergessen. Insgesamt ist die Breite der gelisteten Varaianten beachtlich und - oder gerade deswegen - eine Herausforderung für alle Sammler, denn die Autoren sind sich sicher, dass hier noch nicht alles geschrieben steht.
Die Qualität der Bilder ist sehr gut, ebenfalls die gut lesbare Schrift, welche auch die etwas älteren Sammler ansprechen dürfte. Obwohl der Katalog vollgepackt ist, wirkt er auf mich nicht überladen und wer bereits mit Katalogen aus dem kolme k- Verlag gearbeitet hat, kommt sehr schnell zur gewünschten Information.
Natürlich dürften vor allem die Bewertungen ein größeres Echo hervorrufen - anders als gewohnt setzt der Katalog hier eher im unteren Bereich an, für mich eine lobenswerte Entscheidung. Natürlich gibt es auch Katalogpreise jenseits der 100 Euro-Marke. Die Preise sind insgesamt in zwei Erhaltungen angegeben, in I- und III nebst einer Erläuterung, wie mit den anderen Erhaltungen zu verfahren ist.
Ich selbst sammle nur einen Teilbereich des Landes (Teile der Kreise MSH, SK und BLK) und als ich mit dem Sammeln angefangen habe, gab es die entsprechenden Landkreise noch nicht, was einmal mehr zeigt, dass es nicht einfach ist, die Grenzen des Gebietes sauber zu ziehen. Das ist jedoch den Autoren mit dem vorliegenden Werk gelungen und die Aufnahme der altdeutschen Scheine sowie der "Randgebiete" Briefmarkengeld und Kapselmarken rundet meinen positiven Gesamteindruck ab. Für mein Sammelgebiet kann ich im Großen und Ganzen sagen, dass die Preise realisitisch sind und alles, was mit über 100/125 Euro notiert ist, eine Frage der Liebhaberei ist - schnell können einige Scheine am Markt z.B. bei Auktionen das Doppelte einfahren.
Zum Schluß noch einige kleinere kritische Anmerkungen:
Nicht sicher bin ich mir, ob die altdeutschen Scheine auch in I- und III bewertet wurden, hier kenne ich meist eine Bewertung in II und IV.
Die Übersichtskarte dient wirklich nur der groben Übersicht, leider fehlen die aktuellen Kreisnamen und es wurde scheinbar viel retuschiert - aber besser eine Karte als gar keine! Für eine Nachauflage wäre bspw. eine Karte denkbar, die die aktuellen und damaligen Grenzen zur Ausgabezeit vereint.
Zufällig habe ich einen Schein aus Genthin zu 5 Mio (also G013e) - hier scheint eine Bewertung zu fehlen?
Oberröblingen am See gehört nicht nach Sangerhausen sondern nach Röblingen am See ;-)
Was mir noch fehlt, ist eine Nennung der Fälschungen. Zwar sind die Fälschungen und Verfälschungen im Vorwort genannt, doch würde es den Sammlern mehr Sicherheit bringen, wenn diese im Katalog irgendwo gelistet wären, siehe dazu mein Beitrag zu "Seehausen - Otto Ahrendt" im
Notgeld-Thread.
Mein Fazit: Wer als Länder- oder Regionalsammler bisher vor dem Erwerb der periodisch orientierten Kataloge zurückgeschreckt hat, sollte also unbedingt zugreifen und den Autoren - von denen wir zwei hier im Forum haben - ist für die geleistete Arbeit zu danken.
Bleibt zu hoffen, dass das Werk weite Verbreitung findet und dass zahlreiche Rückmeldungen zu bisher noch nicht gelisteten Varianten für eine nächste Auflage eingehen. Ich gehe fest davon aus, dass der hier beschriebene Katalog zu einem Zitierwerk bei Auktionen und Sammlern wird.
Für mich bedeutet das: nun habe ich endlich einen Grundstein, nach dem ich meine gehorteten Scheine sortieren kann. Das Geld für den Katalog ist gut angelegt
Gruß rista